Im Webdesign finden sich die verschiedensten Stilrichtungen. Von Retro, über Glossy bis Collage: alles ist denkbar und in der Netzwelt bereits umgesetzt. Der Minimalismus gehört zu den aktuellen Dauerbrennern. Hier ist der Name eigentlich auch schon das ganze Programm, denn bei dieser Stilrichtung beschränkt man sich auf das Nötigste an Formen und Farben. Von blinkenden Bildern, unzähligen Fotografien oder bunten Texten fehlt jede Spur. Das klingt nach langweiligem Abrufen von Basiskönnen auf Seiten des Webdesigners. Oder handelt es sich nicht doch vielleicht um eine Glanzleistung, die dem User überdies einen visuellen Augenschmaus liefert? Dieser Artikel fühlt dem Minimalismus einmal auf den Zahn.
Was in den Anfängen des Webdesigns noch technisch unmöglich war und deshalb nicht umgesetzt werden konnte, wird heute bewusst gemieden. Der Minimalismus ist damit als Reaktion auf die weit verbreiteten Websites im Weihnachtsgans-Look anzusehen. Funktionen und Inhalt spielen nun wieder die Hauptrolle, weshalb sämtlicher Ballast in Form von Ausschmückungen und Farben radikal entfernt wird. Nur das, was für die Funktion notwendig ist und zu einer besseren Darstellung des Inhalts führt, darf bleiben.
Um den Inhalten wieder mehr Bedeutung zu verleihen, werden kaum Änderungen in der Typografie vorgenommen. Einmal auf eine Schriftart festgelegt, bleibt diese fortan unangetastet. Beliebte Schriftarten sind Helvetica und Verdana. Durch variierende Schriftgrößen und -schnitte (italic, bold) wird die Hierarchie innerhalb der verschiedenen Texte verdeutlicht, wobei der Einsatz äußerst diszipliniert vonstatten geht. Die Farben betreffend dominieren Weiß-, Schwarz- und Grautöne das Erscheinungsbild der Websites. Eine zusätzliche, knallige Farbe dient lediglich der Akzentuierung bestimmter Inhalte oder dem Anzeigen eines wichtigen Links. Charakteristisch für minimalistisches Design sind auch die großzügig einsetzten Weißräume zwischen den Texten und an den Rändern der Website. Durch die richtige Verteilung von Abständen und Leerräumen kann auch mit Hilfe dieses Stilmittels Hierarchie zwischen Inhalten visualisiert werden.
Da der Grafikeinsatz radikal gekürzt wird, rückt die nun leicht wahrnehmbare Seitenstruktur in den Vordergrund. Für eine übersichtliche Darstellung eignet sich die Arbeit mit einem Rastersystem (Grid Ansatz). Hierzu wird zunächst ein Rahmen mit einer beliebigen Breite festgelegt. Der darin enthaltene Raum wird in beliebig viele Spalten (columns) unterteilt. Zwischen den Spalten lässt man jeweils gleich große Freiräume (gutters). Typisch für den Minimalismus sind vier Spalten mit großen freien Flächen in Weiß. Der Inhalt wird innerhalb des Rasters unter Berücksichtung der Ränder der Spalten und möglicher Zellen eingefügt. Ein Text kann sich natürlich über mehrere Spalten erstrecken, schließt aber immer genau mit dem Ende einer Spalte ab. Gleiches gilt für das Einbinden von Grafiken. Nähere Informationen rund um das Phänomen Rastersystem und die Möglichkeit, Templates herunterzuladen, findet man auf theGridSystem http://www.thegridsystem.org/
Ein wesentlicher Vorteil auf Nutzerseite ist nicht von der Hand zu weisen. Nachdem keine blinkenden Elemente oder unzähligen Grafiken ablenken, konzentriert sich der Websitebesucher auf den Inhalt und findet schnell, wonach er sucht. Ein Gefühl von Zufriedenheit stellt sich ein, das den User zu einem erneuten Besuch der Website motiviert. Minimalistische Websites verfügen gelegentlich auch nur über eine einzige Seite, die lediglich per Verweise angesteuert wird (Single Page) Dies hat den Vorteil, dass sie nur einmal geladen werden muss. Klickt man auf einen Menüpunkt, führt ein weiches Scrollen zum gewünschten Inhalt. Damit erreichen minimalistische Webdesigns einen hohen Grad an Usability.
Ob Malerei, Architektur oder Botanik: das minimalistische Prinzip hält in viele Bereiche Einzug und inspiriert letztendlich auch Webdesigner. Der Grundgedanke des Minimalismus speist sich aus der asiatischen Kultur und religiösen Weltanschauungen wie dem Buddismus. Am Besten spiegelt sich diese Philosophie in der asiatischen Gartenkultur wider. Zen Gärten bestechen durch eine klare Struktur und ein Gleichgewicht aus Leere und Fülle. Obgleich die Gärten ansprechend gestaltet sind, haben sie nur eine wesentliche Funktion: dem Menschen ein meditatives Werkzeug zur Hand zu geben.
In der modernen Kunstszene tritt der Begriff Minimalismus im Amerika der 1960er Jahre zu Tage und prägt eine neue Stilrichtung, die formale Nüchternheit mit extremer Vereinfachung der Ausdrucksmitteln verbindet und damit als Gegenbewegung zum vorherrschenden abstrakten Expressionismus gilt. Neben Gemälden werden vor allem auch plastische Skulpturen angefertigt. Bekannt sind hier vor allem die Werke von Sol Lewitt. (http://sollewitt.publicartfund.org/exhibition/). Obwohl es sich bei der Minimal Art um eine speziell amerikanische Kunst handelt, bestehen Ähnlichkeiten zu europäischen Stilen. Ein bekanntes Beispiel, das auch sehr an Webdesign erinnert, sind die Gemälde des Niederländers Piet Mondrian (http://www.fondationbeyeler.ch/sammlung/piet-mondrian), die lediglich aus Gittermustern in den Grundfarben rot, gelb, blau bestehen.
Auch Architekten huldigen dem Minimalismus, indem sie Bauten mit einfachen, klaren Formen aus Beton, Stahl, Naturstein und Glas errichten. Der Barcelona-Pavillon (http://www.miesbcn.com/en/outside.html) des deutsch-amerikanischen Architekten Ludwig Mies van der Rohe gilt als Exempel für minimalistische Architekur und gehört deshalb nicht grundlos zu den Architekturikonen des 20. Jahrhunderts. Errichtet wurde es 1929 im Rahmen der Weltausstellung in Barcelona. Die Neuartigkeit, die sich durch die modernen, filigranen Tragestrukturen aus Stahl und den vollständig verglasten Fassaden, ergab, sollte die Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie und des Handwerks zur Zeit der Weimarer Republik widerspiegeln. Nach dem Ende der Ausstellung wurde der Pavillon abgerissen, jedoch aufgrund seiner Besonderheit in den 80er Jahren an selbiger Stelle wieder aufgebaut.
Was so einfach klingt, ist die hohe Kunst des Gestaltens. Denn gerade ein reduziertes Design benötigt eine aussagekräftige Schrift, Farbe sowie ein ansprechendes Logo. Der Designer muss also viel Können, Kreativität und Zeit in die Waagschale legen, um eine individuelle, persönliche Website, die keineswegs langweilig ist, zu schaffen. Minimalismus ist daher gerade die Herausforderung. Richtig gestaltet, strahlt das Design am Ende aber Erfahrenheit, Souveränität und Rafinesse aus. Es scheint, als hätte man etwas wichtiges zu sagen und müsse dies durch nichts untermalen oder den User mit schönen Bildern bei der Stange halten. Somit ist dieser Webstil definitiv einen Blick wert.
Inhaltsverzeichnis
Funktion und Inhalt haben den Vorrang
Minimalistische Gestaltungsmittel
Rasterstruktur für einen einfachen und übersichtlichen Aufbau
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